Cindy’s Erfahrung bei der Einvernahme

Ich kann dir nicht sagen, dies wird auf dich zukommen. Den jeder reagiert anders auf diesen Schritt. Doch ich erzähle dir gerne, wie es bei mir war und weshalb ich denke, dass es wichtig ist, dass du dabei auf dich achtest.

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Betroffene Personen können an das erlebte Trauma erinnert werden.
Wie schon paar Mal erzählt, habe ich meine Anzeige 2 Jahre nach der Tat gemacht. Ich hatte spontan den Impuls und den Mut, dass ich dies jetzt machen möchte, um in meinem Prozess weiterzukommen. Also ging ich einfach zum Polizeiposten und erzählte, dass ich eine Anzeige machen wollte. Der Polizist am Schalter hörte mir geduldig zu und erklärte mir dann, dass ich die Einvernahme, also das «Verhör/ die Aussage» nicht heute machen könne. Dass sie entweder jemanden nach Sursee holen können oder ich die Aussage in Luzern machen könnte. Ich habe dann zugestimmt, dass ich die Aussage in Sursee mache. Ich jedoch gerne von einer Frau einvernommen werden möchte. Dies war kein Problem und so bekam ich einen Termin für die Einvernahme. Damit ging ich dann nach Hause und wusste, jetzt gibt es kein zurück mehr. Doch ich hoffte, dass ich den Mut nochmals aufbringen werde, um dort dann aufzutauchen. Da ich weiterkommen wollte, machte ich dies dann auch. Die Polizistin war sehr nett und freundlich. Trotzdem war die Einvernahme für mich nicht ganz einfach. Wir gingen ca. 100 Fragen durch und die Polizistin schrieb sich das auf. Ich musste viele Fragen zur Tat, zum Aussehen des Täters machen. Dies war mega schwierig, da ich vieles nicht mehr wusste. Ich würde es als schwarzes Bild erklären. Ich hatte kein Bild mehr im Kopf vom Täter, ich wusste noch einige Details, dasselbe von der Tat. Vieles wie Zeit, wie es von einer Situation zur anderen kam, etc. wusste ich nicht mehr oder hatte ein «Blackout» dazu. Das war sehr unangenehm und ich kam mir auch richtig doof vor, dass ich so vieles einfach nicht beantworten konnte. Auch habe ich gedacht, die Unverständlichkeit dafür von der Polizistin zu fühlen. Ob sie Unverständnis hatte oder ich dies mir nur eingebildet habe, kann ich nicht abschliessend sagen, doch es hat sich für mich so angefühlt. Ich denke dies wurde auch ausgelöst durch die ganz genauen Nachfragen, obwohl ich es einfach nicht mehr wusste... Auf jeden Fall wurde nochmals kräftig alles von der Tat aufgewühlt, dadurch, dass ich versucht habe, mich zu erinnern und es wiedergeben musste. Für mich war es zu dem Zeitpunkt okay, denn ich konnte darüber sprechen, doch einfach war es nicht. Weshalb es mir wichtig ist zu sagen, schau, dass du ready dafür bist und du allenfalls auch Unterstützung hast, denn es kann sein, dass alles nochmals hochkommt.
Natürlich kann es auch sein, dass du direkt nach der Tat bei der Polizei bist. Bei einer Freundin von mir lief es dann folgendermassen ab: Sie erzählte ihnen alles, zeigte der Polizei den Tatort, danach schickte die Polizei sie direkt ins Krankenhaus für die Untersuchungen. Bei ihr dauerte dies alles zusammen fast 10 Stunden. Es kann also sehr lange dauern. Uns scheint es wichtig zu erwähnen, dass hierbei unterschiedliche, jedoch gerechtfertigte Ziele Im Fokus stehen. Die Polizei macht dies, weil man sich direkt nach der Tat noch am besten daran erinnert und man so allenfalls noch Spuren sicherstellen kann. Für uns steht immer die betroffene Person im Vordergrund. Weshalb wir dir den Tipp auf den Weg geben möchte, dass du dabei auch auf dein Wohl achtest und versucht zu spüren, ob diese Schritte für dich gerade okay sind.
Währende der Einvernahme hat die Polizistin mich darauf hingewiesen, dass es die Opferberatung gibt und ob jene sich bei mir melden dürfe. Ich zustimmte zu, da ich in meinem persönlichen Prozess durch eine Therapie weiterkommen wollte. Mich den Themen widmen, welche ich alleine nicht angehen konnte.